Künstler*innen 2017

Die Künstlerinnen und Künstler in der Reihenfolge ihrer Auftritte 2017:

Kokoti (Côte d’Ivoire)

Leodeleste, Frontmann von Kokoti, Côte d’Ivoire/Oldenburg. Foto: Melanie Stegemann

Leo Delest, der charismatische Frontmann dieser Band, ist in der Republik Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) in der Stadt Lakota geboren, kam 2002 nach Deutschland und dann
über Umwege nach Oldenburg. Die Stadt hat es ihm sofort angetan, und er ist natürlich geblieben. Mit seiner Band Kokoti bringt er seine afrikanische Musik mit der europäischen zusammen. Seine Lieder appellieren irgendwie immer an das Gute in uns, sie beschreiben auch deutlich, was passieren kann, wenn wir abdriften und den „guten“ Weg verlassen. 2015 gewann Leo Delest den Musikpreis Integration der Stadt Oldenburg mit dem Song „Baby Lady“, einer Hymne an seine Wahlheimat, die Stadt Oldenburg. Bei der Zugvogelmusik-Premiere sang er zwei selbstkomponierte Lieder in Dida, der Sprache seiner Heimatstadt, begleitet  vom Perkussionisten seiner Band. – Leo Delest (Gesang), Pascal Koulahi (Konga, Gesang)

Ragnheiður Gröndal (Island)

Ragnheiður “Ragga” Gröndal mit ihrer Band (Foto: Melanie Stegemann)

Das Land, in dem es sogar einen Elfenbeauftragten gibt und wo Straßen erst gebaut werden, wenn unter Steinen, hinter Baumstämmen und unter Mooskissen nachgesehen wurde, ob da nicht doch Trolle, Feen oder Elfen wohnen, ist auch Heimat oder Wahlheimat vieler Zugvögel, zum Beispiel der Schneeammer. Und die passt irgendwie so gut zu der isländischen Sängerin Ragnheiður„Ragga“ Gröndal mit ihrem sphärischen Sound, der ins Genre New-Folk gehört, dass die Schneeammer der Patenvogel von Ragga wurde. Die vielseitige Sängerin, die nicht nur Pop, sondern auch Jazz und Indie kann, hat schon viermal den isländischen Music Award gewonnen, sie hat bislang acht Alben veröffentlicht, und im Oktober kommt das neunte heraus. Auch das passt zu den neunten Zugvogeltagen, zu unseren neun Künstlern und zu den neun Zugvögeln des Abends. Die Kritik zu ihrem letzten Album überschlug sich: „Mit der Stimme einer Ragga Gröndal kann man Steine erweichen oder Herzen brechen!“ und „Eine Stimme, die man zumindest einmal in seinem Leben gehört haben muss.“ Das finden übrigens auch alle, die Ragga 2017 auf der Bühne des Oldenburgischen Staatstheaters erlebt haben. – Ragnheiður Gröndal (Gesang), Haukur Gröndal (Klarinette, Saxophon), Gudmundur Pétursson (E-Gitarre), Claudio Spieler (Percussion)

Caruso-Kindergarten „Alte Dorfschule“ (Hatten)

Der Caruso-Kindergarten aus Hatten sang ein Lied über die Nonnengans (Foto: Melanie Stegemann)

Neben den Zugvögeln waren die Kindergarten-Kinder aus Hatten die Kleinsten auf der Bühne. Dieser Kindergarten ist ein besonders musikalischer; alle singen gern und viel und üben ständig neue Lieder. Wer sich für den frühkindlichen Gesang so stark macht, bekommt vom Deutschen Chorverband eine Auszeichnung und wird – auf Antrag und nach einer Prüfphase – Mitglied von den„Carusos“. Die ausgewählten Kindergärten stehen dabei stellvertretend für die Vielfalt der deutschen Kultur, es handelt sich durchweg um interkulturelle Kindergärten. Und dazu gehört eben seit April 2016 auch die„Alte Dorfschule“. Leiterin Gabi Arians war sofort ganz begeistert von der Idee, mit den Kindern ein eigens für die Nonnengans geschriebenes Liedchen einzustudieren und auf der großen Bühne vorzutragen. – Gabi Arians (Organisation), Bentje, Lea Maria, Benaja, Luis, Emma, Mia, Henk und Enie, Elif, Josephine, Isabell, Iljan, Milan, Johanna,Milan, Anton und Carla, Paul, Kati, Falk, Max, Noah und Fiona (alle Gesang)

Erik Marchand (Frankreich)

Eric Marchand und Florian Baron an der Oud (Foto: Melanie Stegemann)

Dieser Sänger ist einer der ganz großen Interpreten bretonischer Musik. Auch heute, im 21. Jahrhundert, pflegen in der Bretagne, der größten französischen Halbinsel, Jung und Alt auf Nacht-Festen, den sogenannten Fest-noz, Dorfhochzeiten und anderen fröhlichen Anlässen die traditionelle Musik ihrer Heimat. Die ist mit Dudelsack, Bombarde (einer Art Kegel-Oboe) und Klarinette, aber auch modernen Instrumenten geprägt durch die umliegenden Landstriche, zum Beispiel durch keltische Einflüsse. Die „Bretagne“ hieß früher ja nicht ohne Grund „Kleinbritannien“. Die Gallier nannten die Region „Arvoric“, Land am Meer. Es hat ungefähr so viele Einwohner wie Berlin und ein mildes Klima mit sauberer Luft. Jahr für Jahr kommen hier Zugvögel wie der Alpenstrandläufer vorbei – weshalb er bei der Zugvogelmusik der Patenvogel von Erik Marchand ist. Der Musiker brachte in den 1980er Jahren die irisch-keltische Musik mit der bretonischen Volksmusik zusammen. 2003 gründete er die Kreiz Breizh Académie (Breizh ist das bretonische Wort für Bretagne). Sie hat sich der Erhaltung dieser Musik verschrieben. Der Meister wird heute Abend vom Oud-Spieler Florian Baron begleitet. So entsteht eine Fusion aus keltischen und arabischen Motiven, die wiederum vom Jazz beeinflusst sind. – Erik Marchand (Gesang), Florian Baron (Oud)

Njamy Sitson (Kamerun)

Njamy Sitson aus Kamerun (Foto: Melanie Stegemann)

Dieser Musiker stand mit dem Ensemble „Heimatlieder aus Deutschland“ zum ersten Mal in seiner Wahlheimat Augsburg auf der Bühne und ist seitdem regelmäßig dabei. Er bringt das Publikum dazu, mitzusummen, er begeistert mit lauter Standtrommel genauso wie mit der kleinen Sanza, einer Bogenharfe, die aus einer Kalebasse gemacht wird. Der gebürtige Kameruner hat Musik aus seiner Heimat, dem Grasland Kameruns, mitgebracht, die Bamileke-Musik. Er singt sie in Medumba, einer Tonsprache mit ägyptischen Wurzeln, bei der Akzente auf den Buchstaben angeben, in welcher Tonhöhe eine Silbe zu sprechen ist. Njamy tritt meistens allein auf, hat aber als Stimmwunder und Märchenerzähler ein riesiges Repertoire an Tierstimmen, Geräuschen und eine unglaubliche tonliche Bandbreite dabei, die das Publikum immer wieder begeistert. Er war es aber auch, der bei einem Konzert im Kölner Schauspiel eine Fusion mit den marokkanischen und kubanischen Musikern auf die Beine bzw. Bühne stellte und damit selbst die„Heimatlieder“-Macher zu Begeisterungsstürmen hinriss. – Njamy Sitson (Gesang, Kalimba, Trommel)

Polýnushka (Ukraine, Russland)

Polynushka mit russischen und sibirischen Liedern (Foto: Melanie Stegemann)

Wer es ausprobiert, wenn Polýnushka auf der Bühne stehen, die Augen zu schließen und dem Gesang zu lauschen, der landet in einer Zeitmaschine. Vielleicht werden sibirische Dörfer im vorigen Jahrhundert vor dem inneren Auge erscheinen. Die Gesänge erzählen Geschichten mit viel Kraft und Energie. Das Ensemble Polýnushka ist fast schon ein wissenschaftliches. Hier haben sich rund um die Musikethnologin Dr. Deniza Popova engagierte Sängerinnen und Sänger versammelt, die nicht nur die Musik und die Gesangstechniken ihrer Mütter und Väter dokumentieren, sondern sie genauso vortragen wie vor hundert Jahren. Und das oft in liebevoll nachgeschneiderten Trachten aus ihren Heimatregionen. Das A-cappella-Ensemble Polýnushka wurde vor zehn Jahren gleich für seine erste CD mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Für die „Zugvogelmusik“ trugen die Künstler nun drei Lieder bei, die sich um ein kleines Vöglein, um einen Falken und um zwei Tauben drehen. Oder auch ganz was anderes bedeuten. – Ilja Pletner, Andrey Vanichev, Anna Paszkiewicz, Veronika Massold, Tatiana Samokhvalova (alle Gesang)

Wakassa (Kongo)

Wakassa aus dem Kongo (Foto: Melanie Stegemann)

Bei Wakassa war auf der Bühne besonders viel los, denn es gab eine Performance aus Gesang und Tanz, begleitet von afrikanischen Musikinstrumenten. Das Projekt wurde 2015 von Pierrick Nzoungani und seinen Freunden ins Leben gerufen und hatte sofort einen Riesenerfolg. Pierrick, der in der Nähe von Ravensburg lebt, entwickelte mit Wakassa eine Version von traditioneller und moderner Musik aus seiner kongolesischen Heimat. Es ist Tanzchoreografie, improvisierte Bewegung, Perkussion und Gesang und ruft bei den sieben Künstlern die Welt auf, in der sie groß geworden sind. Zentrales Musikinstrument ist dabei die N’goma, eine kraftvolle und tieftönende Trommel, die vor allem in Zentral-, Ost- und Südafrika gespielt wird. Bei Wakassa gibt es praktisch alle Künstler doppelt oder sogar dreifach, denn sie tanzen, trommeln oder singen, und manchmal machen sie eben alles zusammen. Das ist eine Mischung, die in die Beine geht und auch im Stehen gut zu genießen ist. Sitzen geht aber auch! – Pierrick Nzoungani (Perkussion, Tanz), Aimé Kifoula (Tanz, Gesang), Soliac Matsimba (Gesang, Perkussion), Oua-Anou Diarra (Tama, Flöte), Gervais Tomadiatunga (Tanz, Perkussion), Gabriel Banoma Koda (Tanz, Perkussion), Patrick Pinda (Gitarre, Gesang)

Trio Fado (Portugal)

Trio Fado aus Protugal (Foto: Melanie Stegemann)

Maria Carvalho ist eine ganz große Stimme des Fado. Die Sängerin ist mit ihrem Trio, das eigentlich ein Quartett ist, auch international bekannt – durch ein Stück auf dem Soundtrack von „Nachtzug nach Lissabon“. Fado kommt von Fatum (Schicksal, göttlicher Wille), wurde in seinen Anfängen hauptsächlich in den verruchten Spelunken Lissabons gespielt und hat immer etwas Tragisches. Meistens geht es um unglückliche Liebe, soziale Missstände und um die Sehnsucht: nach besseren Zeiten, nach Amor, nach dem Meer. Der berühmte Fado- Sänger Frederico de Brito beschrieb den Fado in einem Gedicht wie einen jungen Mann: „Ich wusste, er war einer von diesen, der niemals seine Eltern kennen lernte und der auch keine Geburtsurkunde hatte.” Das Besondere am Trio Fado ist neben dem Einsatz des Cellos, und gelegentlich auch Obertongesängen, dass die Musiker dem Fado das Tragische nehmen. Fado bedeutet zwar Schicksal, aber das Schicksal ist eben nicht immer trist. – Mario Carvalho (Gesang), António de Brito (Gesang, Gitarre), Daniel Pircher (portugiesische Gitarre), Benjamin Walbrodt (Cello)

La Caravane du Maghreb (Marokko, Algerien, Deutschland)

La Caravane du Maghreb (Foto: Melanie Stegemann)

Diese Band setzt sich zusammen aus algerischen und marokkanischen Musikern. Sie spielen andalusisch-afrikanische Musik und Gnawa, eine Musikform, die in Marokko in sogenannten „Lilas“ eingesetzt wird, nächtelangen Gnawa-Sessions, bei denen sich die Menschen in Trance tanzen und dadurch von allem Möglichen geheilt werden. Das alles nach strengen Ritual- Regeln, mit Tieropfern, Wahrsagern und natürlich mit besonderen Instrumenten, die zum Teil heilig sind. Der Ghimbri, einer Kastenhalslaute, ist in ihrer Heimat sogar ein eigener Feiertag gewidmet. Heute Abend können Sie dieses komplett aus Naturmaterialien hergestellte Instrument erleben – gespielt von David Beck. Große Gnawa-Fans waren übrigens Jimi Hendrix, Carlos Santana und Musiker von Led Zeppelin. La Caravane du Maghreb ist von Anfang an im Projekt „Heimatlieder aus Deutschland“ dabei und, wie es sich für eine Caravane gehört, zu allen Konzerten mitgezogen. Die Musik entwickelt schnell einen ganz eigenen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. – Youssef Belbachir (Gesang), David Beck (Gimbhri, Oud), Milhoud Messabih (Darbuka, T’bal, Akkordeon), Mokhtar Mechai (Gitarre, Gesang), Redha Bendib (Darbuka, Perkussion)

Und zum Schluss: Standing Ovations

Großes Finale, Standing Ovations im ausverkauften Oldenburgischen Staatstheater (Foto: Melanie Stegemann)
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